Villa RusticaEin römischer Gutshof im Binger WaldWir befinden uns am Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. In Südwestdeutschland entstehen neben Kastellen und Städten Gutshöfe, lateinisch Villae rusticae genannt, um die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. So beschließt auch eine Familie, deren Namen wir heute nicht mehr kennen, sich hier im Binger Wald an der Heerstraße von Mainz nach Trier niederzulassen und eine Villa Rustica zu bauen. Etwa 200 Jahre lang leben und arbeiten Menschen in diesem Gutshof. Er wird erst wieder verlassen, als die römische Herrschaft in Südwestdeutschland zu Ende geht. Die Villa gerät in Vergessenheit, verfällt allmählich und wird vom Wald überwachsen und dient nachfolgenden Generationen als Steinbruch für den Straßen- und Häuserbau. Südwestdeutschland wurde im Lauf seiner Geschichte von verschiedenen Völkern besiedelt. So war es in den Jahrhunderten vor Christi Geburt die Heimat keltischer Stämme. Um die Zeitenwende rückte das Land in das Blickfeld des römischen Reiches und sollte nach der Eroberung über 200 Jahre Teil desselben bleiben. Eine der wichtigsten Siedlungsformen dieser Zeit war das freistehende Einzelgehöft, die villa rustica. In der Regel befanden sich diese Gutshöfe an leicht abfallenden Hängen, oft in der Nähe von größeren Ansiedlungen oder wichtigen Fernhandelsstrassen. Um die lebensnotwendige Wasserversorgung sicherzustellen, suchten die neuen Siedler die Nähe einer Quelle oder eines Flusses. Auf den umliegenden Feldern und Weiden wurde Getreide angebaut und Viehzucht betrieben. Die Villae rusticae bildeten das wirtschaftliche Rückgrat des Landes. Erste Ergebnisse der archäologischen AusgrabungAuf alten Karten werden die Ruinen als "Altes Kloster" bezeichnet. Es gibt in der Geschichte allerdings keinerlei Hinweise darauf, dass die villa rustica einmal als Kloster genutzt hat. Möglicherweise diente sie in der Zeit des Eremitentums einem Mönch oder einem Laien zeitweilig als Unterkunft, so dass sie diese Bezeichnung, die sich bis vor wenigen Jahren im Volksmund behauptet hat, erhielt. Heute wissen wir, was sich hinter den Siedlungsmauern verbarg. Hobbyarchäologen haben bereits seit den zwanziger Jahren immer mal wieder Einzelgrabungen unternommen. Seit dem 14. April 1999 wird im Binger Wald die "villa rustica", eine römische Gutsanlage aus den ersten Jahrhunderten n. Chr., im Rahmen eines Beschäftigungsprojektes des Internationalen Bundes (IB), unter der Leitung des Archäologischen Denkmalamtes (Dr. Rupprecht) systematisch ausgegraben und erforscht. Funde, Texttafeln und Bilder veranschaulichen die Resultate der ersten Grabungsjahre. Dabei wurden die Umrisse des repräsentativen Wohngebäudes mit Badeanlage freigelegt und das Gesamtareal mit umgebender Hofmauer, Nebengebäuden und Zisternen erstmals in einer Ausdehnung von 2,2 ha erfasst. Diese Anlage soll in den nächsten Jahren weiter erforscht werden. Die Villa Rustica ist in den Erlebnispfad Binger Wald als lebendige Station ("Unweit der Römerstraße...") integriert. |
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